Es gibt Tage, da weiß man auch nach Jahrzehnten noch, wo genau man zu dieser Zeit war. Der 11. September 2001 ist so einer, der Tag der Anschläge in New York.
Aber es gibt auch freudige Ereignisse, an die man sich zurückerinnert:
Der 9. November 1989 zum Beispiel. Der Tag, an dem Günter Schabowski
verkündete: „Nach meiner Information gilt das sofort…
Unverzüglich“.
Ich hatte gerade mein Informatik Studium in Würzburg begonnen und war in
meiner ersten Studentenbude, einem kleinen Zimmer, das im ersten Stock eines
Ärztehauses lag. Dusche und Bad musste ich mit anderen teilen, aber ich hatte
meine erste eigene Bleibe.
Von zuhause hatte ich einen kleinen gelben Fernseher mitgebracht, ein
Überbleibsel aus dem Nachlass meines Großvaters. Und in Würzburg konnte man
damals schon RTL und SAT1 über Antenne empfangen. In den Nachrichtensendungen –
damals noch recht unprofessionell – kam die Meldung, dass sie demnächst wieder live
aus Hof berichten würden. Wie unwirklich ist das denn? Endlich in einer
Großstadt angekommen berichten die Medien über meine Heimat?
Als die Nachrichten dann aktualisiert wurden, musste ich weinen. Vor
Freude. Alles, was bis daher in Schule, bei der Bundeswehr, im täglichen Alltag
propagiert wurde, hatte keine Gültigkeit mehr: Die Grenze war offen.
Ich sah die Menschen, die sich in den Armen lagen. Welch unglaubliche
Freude mich erfasste. Das darauffolgende Wochenende war der pure
Ausnahmezustand: Trabis und Wartburg in den Städten und Gemeinden, unglaubliche
Schlangen vor den Auszahlungsstellen. Auch in Konradsreuth mussten die
Mitarbeiter der Verwaltung Stunden um Stunden schieben, um der Nachfrage nach
dem Begrüßungsgeld nachzukommen.
Die Geschichte, die die Menschen in Ost und West- und gerade in unserer
Region – schrieben, war durch friedliche Proteste, die in Plauen ihren Anfang
nahmen, ausgelöst worden.
Man kann Menschen nicht einsperren, das war auch die Meinung von Willy
Brandt, der sich gegenüber den Ostmächten öffnete. Seine Ostpolitik war es, die
letztlich die Wiedervereinigung möglich machte. Und es war Oskar Lafontaine,
der warnte, es könne nicht nur „blühende Landschaften“ à la Helmut Kohl geben.
Aber das wollte keiner hören. Aber Menschen muss man zuhören.
Heute ist ein Freudentag. Wir sollten niemals vergessen, dass wir
zusammen etwas geschafft haben: Die Welt zu verändern, ohne dass ein einziger
Schuss fällt. Seien wir dankbar für das wieder vereinigte Deutschland. Lassen
Sie uns gemeinsam die Probleme angehen. Wir stehen dazu bereit.
Matthias Döhla